Mittwoch, 5. Juni 2019

Land unter dem Wind

Fotosession mit der lokalen Polizei
...wird Sabah unter den Einheimischen auch genannt, da es unterhalb des pazifischen Taifungürtels liegt. Sabah ist der östlichste malaysische Bundesstaat auf der Insel Borneo. Kurz nachdem wir Brunei verlassen haben, halten wir kurz am Straßenrand an um zu besprechen, ob wir der Küstenstraße zur Hauptstadt Kota Kinabalu folgen sollen, oder besser direkt zum Mount Kinabalu durchs Landesinnere. Wir haben gerade erst gestoppt als auch schon ein Polizeiwagen anrollt. Die Polizisten sind sehr freundlich und fragen, ob sie uns weiterhelfen können. Sie empfehlen uns die ländliche Straße zu benutzen auf der wir uns, selbstverständlich nach einer kleinen Fotosession, auch schon kurze Zeit später Richtung Osten befinden.
Schon nach wenigen Kilometern wird klar, dass es eine gute Entscheidung war. Die Straßen sind klein und schlängeln sich eindrucksvoll ohne viel Verkehr durch den bornesischen Regenwald. Als wir gegen späten Nachmittag Mount Kinabalu erreichen, ziehen leider dicke Regenwolken auf. Wir haben zwar noch kurzfristig einen beeindruckenden Sonnenuntergang, doch letztendlich fängt es schrecklich an zu regnen. Wir können uns gerade noch in ein Restaurant retten um nicht völlig durchnässt zu werden.
Mount Kinabalu ist der höchste Berg von Südostasien und, obwohl er nicht weit von der Küste entfernt ist, knapp über 4000m hoch. Wir befinden uns zwar immer noch fast auf Höhe des Äquators, aber entgegen aller Vermutung ist es hier bei einem Unwetter plötzlich schweinekalt. Wir beschließen daher lieber ein nahegelegenes Hostel aufzusuchen, als wie ursprünglich geplant im Zelt zu übernachten.

Mount Kinabalu ist leider in den Wolken
Am nächsten Tag ist es wieder sonnig und wir begeben uns in den Kinabalu Nationalpark. Eigentlich hätten wir ja gerne den Gipfel bestiegen, aber die asiatische Mentalität macht uns dabei leider einen Strich durch die Rechnung. Man hat keine Möglichkeit den Gipfel alleine zu besteigen, sondern muss eine Tour mit Bergführer buchen. Der obere Teil des Nationalparks ist dafür mit einem massiven Tor gesperrt, welches man nur Permit und Guide passieren darf. Für Ausländer kostet das Ganze dann mindestens 300 US$ pro Person - die sind nicht ganz dicht! Wir sollten das vielleicht in Europa für Asiaten auch einführen.
Etwas enttäuscht entscheiden wir uns daher zwangsläufig den unteren Teil des Nationalparks anzuschauen. Kostenlos ist das natürlich auch nicht, aber zumindest erscheint es zuerst, dass man auch dort ganz nett wandern kann. Leider sind mindestens die Hälfte der Wanderungen wegen Wartungsarbeiten gesperrt. Sie sehen auch nicht aus, als ob sie erst kürzlich gesperrt wurden und genauso wenig sieht es danach aus, als ob sie bald wieder öffnen. Es macht eher den Eindruck, dass dort kein Geld verdient wird und man sich daher eher auf die überteuerten Gipfeltouren konzentriert. Da der Gipfel auch noch den ganzen Tag in Wolken gehüllt ist, sind wir leider am Ende von diesem Teil von Borneo ziemlich enttäuscht. Nach dem Frühstück am nächsten Morgen fahren wir daher früher als geplant weiter ganz in den Osten nach Lahad Datu und schließlich Richtung Semporna. Mike fährt für ein Fußballspiel nach Kota Kinabalu. Sein Fußballclub Liverpool hat ein "wichtiges" Spiel, welches er nicht verpassen kann.

Miriam steckt Robbi in den Sack
Und schon ist Robbi eingepacktUngefähr 100 Kilometer vor unserem Ziel fängt es wieder stark an zu regnen. Wir warten daher einige Zeit lang unter einer schäbigen Hütte bis das Schlimmste vorbeigezogen ist. Miriam findet dort eine ziemlich schwer behinderte Babykatze. Der hintere Teil ist komplett gelähmt und sie kann sich nur "wie eine Robbe" mit den Vorderbeinen fortbewegen. Miriam nennt sie daher Robbi. Obwohl sie ganz guter Dinge zu sein scheint und auch von jemandem gefüttert werden muss, sonst wäre sie vermutlich schon lange verhungert, beschließt Miriam sie in den Rucksack zu packen und mit nach Semporna zu nehmen. Ich versuche ihr das noch auszureden, da ich schon gelesen hatte, dass Semporna ein dreckiges Touristen Loch ist und es dort bestimmt keinen Tierarzt gibt. Da sie aber sowieso nie auf mich hört, fahren wir eben mit Katze im Rucksack weiter. Zumindest für die nächsten 80 Kilometer, wo wir uns wegen erneutem Regenschauer wieder unterstellen müssen. 
Inzwischen hatte sie wohl über meine Worte nachgedacht und findet ihre Kurschluss Idee dann doch nicht mehr so gut. Wie sollen wir die Katze in einen Schlafsaal schmuggeln? Normale Hotelzimmer waren in Semporna zu teuer. Wie es hier aussieht gibt es in Semporna wahrscheinlich wirklich keinen Tierarzt und was soll der schon machen außer die Katze einzuschläfern? Außerdem macht sie gar keinen schlechten Eindruck bis auf ihre Behinderung. Nach einigem Hin und Her beschließt Miriam, dass es vermutlich doch besser ist, die Katze wieder zurückzubringen. Mit leicht erhöhtem Blutdruck fahre ich also Miriam und die Katze im Regen wieder die 80 Kilometer zurück. Als wir dann einige Zeit später doch noch ohne Katze in Semporna ankommen, wird Miriam auch bewusst, dass es eine gute Entscheidung war.

So sieht also das Meer in einem Tauchparadies aus?Alles voller MüllSemporna ist weltweit bekannt als absolutes Tauchparadies. Alles hier ist auf Tauchtourismus ausgelegt. Obwohl man jetzt meinen sollte, dass hier jede Menge Geld in die Region kommt und es den Leuten hier gut geht, ist eigentlich eher das Gegenteil der Fall. Erschreckenderweise ist Semporna mit Abstand der dreckigste Ort auf unserer bisherigen Reise. Zwischen dem chaotischen Treiben auf dem Markt wo man aufgrund des Regens durch Schlamm und Abfall watet, befinden sich unzählige Tauchschulen, Straßenküchen und Reustaurants. Aufgrund des Klimas und des Regens stinkt es erbärmlich. Strand gibt es hier keinen. Dort wo vielleicht einmal Strand war ankern unzählige Fischerboote zwischen Unmengen an Müll. Auch im Meer treibt so weit das Auge sehen kann überall Müll. Das soll also eines der besten Tauchgebiete auf der Welt sein?
Unser Eindruck ist erst einmal ziemlich ernüchternd und wir beschließen fast schon am nächsten Tag wieder weiter zu fahren, da bekommen wir eine Nachricht von Loris, dem Schweizer mit dem wir in Kuching unterwegs waren, dass er auch noch in Semporna ist. Wir treffen uns zum Abendessen in einem Meeresfrüchte Restaurant und bekommen wahrscheinlich die besten Butter Knoblauch Shrimps der Welt serviert. Nachdem uns Loris noch erzählt, dass zumindest das Tauchen spitze ist, hört sich das Ganze dann doch nicht mehr ganz so übel an. Wir buchen daher noch am selben Abend eine Tauchtour für den nächsten Tag.

Schildkröten überallMiriam hat ein Wrack entdecktAm nächsten Morgen ist das Wetter leider ziemlich bescheiden. Dicke Regenwolken hängen über der Stadt. Auch als sich unser Tauchboot den Weg durch den Müll aus der Bucht von Semporna bahnt, sieht das Wetter nicht wirklich besser aus. Unsere Tauchgruppe ist aber ziemlich nett und außer Miriam und mir sind nur noch zwei weitere Touristen an Bord. Das Wetter ist uns sogar etwas wohl gesonnen und am ersten Tauchplatz kommt tatsächlich etwas die Sonne heraus. Müll gibt es hier auch fast keinen mehr. Der scheint sich eher in der Bucht vor Semporna zu verfangen. Wir machen insgesamt drei Tauchgänge und obwohl das Licht aufgrund des Regenwetters besser sein könnte sind sie trotzdem fantastisch. Nirgendwo sonst haben wir bisher so viele Schildkröten gesehen. Dazu muss man nicht mal tauchen, sondern man kann sie schon überall vom Boot aus beobachten.

Während der Mittagspause - wir hatten schon besseres Tauchwetter
Auf dem Weg zurück zum Festland herrscht plötzlich Aufregung und eine Hand voll Tauchboote scheinen etwas im Wasser zu verfolgen. Als wir näher kommen, können wir es auch sehen - es sind Orcas. Selbst unsere Tauchguides können es kaum glauben. Orcas sind in diesen warmen Gewässern nur extrem selten. Am Ende haben wir also trotz des miserablen Wetters einen ziemlich coolen Tauchausflug und als uns unser Tauchguide zurück in der Tauchbasis noch ein kaltes Bier in die Hand drückt, besteht daran definitiv kein Zweifel mehr.
Tags darauf ist das Wetter wieder traumhaft schön. Das war natürlich mal wieder typisch, aber wir müssen unbedingt ins nahegelegene Tawau fahren um herauszufinden, wie wir unsere Motorräder auf einem Schiff ins indonesische Sulawesi bekommen. Dort angekommen ist am Hafen komplett tote Hose. Wir erkundigen uns bei ein paar Fischern die an einem heruntergekommenen Marktstand auf ihren Fischen herumklopfen. Nach ziemlichen Verständigungsschwierigkeiten bekommen wir heraus, dass erst wieder übermorgen ein Schiff ablegt. Daher beschließen wir kurzerhand wieder nach Semporna zu fahren und nochmals eine Tauchtour bei gutem Wetter zu buchen. Mike ist mittlerweile auch angekommen, hatte aber bereits bei einer anderen Tauchschule gebucht.

Das Kind planscht in der MittagspauseWir haben die Insel fast für uns alleineDer nächste Tag hat traumhaftes Bilderbuch Wetter. Unsere Tauchschule fährt glücklicherweise andere Tauchspots an, als die meisten anderen Tauchschulen. Daher sind wir auch für die drei Tauchgänge an diesem Tag fast ganz alleine. Die Sicht ist diesmal gigantisch - kaum zu glauben, dass Sonnenlicht so viel ausmacht. Während den Tauchpausen kann man diesmal auch noch ins Wasser springen und etwas schwimmen oder schnorcheln. Beim letzten Mal waren wir hauptsächlich mit Aufwärmen beschäftigt. Die Wassertemperatur hat sagenhafte 31°C und zum ersten Mal müssen wir während eines Tauchganges kein einziges Mal frieren.
Nach dem Frühstück am nächsten Morgen fahren wir wieder nach Tawau. Mike ist diesmal auch dabei. Am Hafen herrscht diesmal ziemlich viel Betrieb. Ich erkundige mich nach den Tickets und es heißt bereits, dass alles ausgebucht ist. Unsere Motorräder könnten wir aber sowieso nicht mit auf das Schiff nehmen. Wir hatten das bereits vorher mehrmals gesagt bekommen, aber normalerweise gibt es in Asien immer irgendeine inoffizielle Möglichkeit. Uns wird geraten mal bei der indonesischen Botschaft nachzufragen.

Alle sind super glücklich - Ramadan ist vorbeiAls wir dort ankommen, ist sie eigentlich geschlossen - richtig viel arbeiten öffentliche Behörden hier in Asien eben auch nicht. Zwei der Angestellten dort sehen allerdings, dass wir vor dem Tor stehen und kommen aus dem Gebäude um uns ein paar Fragen zu beantworten. Es wird uns erklärt, dass niemand am Hafen in Indonesien den Zoll für die Motorräder machen kann und auch die Schiffe angeblich keine Motorräder mitnehmen. Irgendwie gibt es aber doch manchmal ein Schiff, welches Motorräder transportieren könnte, aber es weiß niemand genau Bescheid. Es gibt auch eine Straße, die wird aber vom Militär bewacht, welches sich nicht gut mit der malaysischen Seite versteht und außerdem bestünde dann immer noch das Problem wer die Verzollung macht. Das Resultat des Gespräches ist, dass es schneller und unkomplizierter ist den ganzen Weg bis nach Kuching zurück zu fahren, von dort aus per Landweg über die Grenze ins bornesische Indonesien zu wechseln und nach Pontianak zu fahren. Von dort aus gibt es Schiffe überall auf die indonesischen Inseln.

Auf dem Rückweg abends in der Stadt MiriWir sind von der Antwort nicht begeistert und hatten eigentlich gedacht, dass es eine Möglichkeit gibt von Tawau nach Sulawesi zu kommen. Letztendlich bleibt uns aber nichts anderes übrig, als die ganze Strecke über Brunei wieder nach Westen zu fahren. Die nächsten Tage verbringen wir daher wieder mit dem Rückweg. Zumindest kommen wir noch durch ein paar schöne Gegenden, welche wir zuvor nicht gesehen hatten. Vor Kuching biegen wir dann ab nach Süden und nehmen den Grenzübergang bei Tebedu. Die Einreise nach Indonesien verläuft dort schließlich völlig reibungslos.
Hätten wir schon von Anfang an sicher gewusst, dass es definitv keine Möglichkeit gibt mit den Motorrädern über Tawau nach Indonesien zu kommen, hätten wir vom malaysischen Festland zuerst nach Kota Kinabalu verschifft und wären von dort aus in den Westen nach Kuching gefahren. Andererseits hätten wir somit vielleicht auch die ganzen netten Bekanntschaften nicht getroffen? Schade ist somit in erster Linie, dass ich gerne Sulawesi besucht hätte und das ist mit der neuen Route leider einfach zu viel Aufwand.

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