Nach längerer Zeit gibt es mal wieder ein Update. Das liegt daran, dass wir die letzten Wochen kein Internet hatten bzw. es so schlecht war, dass man damit keinen Blog schreiben konnte. Daran werden wir vorerst leider auch nichts ändern können.
Der Zustand der Militärstraße von Stepanzminda zur russischen Grenze wird kontinuierlich schlechter. Zum Glück wird das regnerische Wetter je weiter wir den Pass Richtung Russland herunterfahren hingegen langsam besser. Kurz vor der georgischen Grenzkontrolle ist dann nur noch Baustelle und die ganzen LKWs haben es wirklich schwer überhaupt durch zu kommen. Die Ausreise aus Georgien geht zügig und wir sehen auch nur einen einzigen Grenzbeamten. Auf der russischen Seite stehen wir allerdings erst einmal mit vielen Anderen und warten. Unzählig viele Grenzbeamte laufen wichtig hin und her ,doch an der Länge der Einreiseschlange ändert sich erst einmal nichts. Normalerweise versuchen wir relativ unvoreingenommen zu reisen, aber hier in Russland war bereits nach ein paar Minuten alles genau so, wie man es immer erzählt bekommt. Viele Menschen mit eiserner Miene und hinterfragen tut man am Besten nichts. Irgendwann werden wir dann in ein Gebäude zitiert, eine Putzfrau hat gerade den Boden frisch geputzt, den sauen wir mit unseren schlammigen Schuhen natürlich komplett ein - doch der bullige Beamte meint, das sei egal und die Putzfrau scheint es auch nicht wirklich zu stören. Unsere Visas werden geprüft und gestempelt und wir hoffen bereits, dass es jetzt weiterhin zügig vorangeht. Falsch gedacht – unsere Motorräder müssen auch noch einreisen. Wir bekommen einen älteren offensichtlich sehr wichtigen Officer herbeigerufen. Dieser ist vermutlich der Einzige der ca. zwei Worte englisch spricht und in einem neuen Gebäude müssen wir einen großen weißen Zettel ausfüllen. Da dieser komplett auf russisch ist, hängt ein spärlich ausgefülltes Muster an der Wand mit dem wir versuchen uns durch den kyrillischen Kauderwelsch zu wursteln. Stifte gibt es leider auch keine und so zieht unser begleitender Beamte mürrisch los um einen Stift zu organisieren. Fertig ausgefüllt werden wir an ein kleines Ausreise Häuschen zitiert. Der Beamte dort spielt gerade auf seinem Smartphone, daher dauert es etwas bis er meint wir bräuchten den Zettel in doppelter Ausführung. Also gehen wir wieder zurück zum anderen Gebäude, fragen wieder nach dem Stift und füllen den Zettel ein zweites Mal aus – Durchschläge gibt es in diesem Land vermutlich nicht und den Kopierer im Hintergrund dürfen Touristen nicht benutzen. Als wir wieder zu Mr. Smartphone zurückkehren, sind angeblich plötzlich die Computer nicht mehr funktionsfähig. Wir werden dann auf der Ausreiseseite mit diversen anderen Leuten abgestellt. Wir sollen genau hier warten, was wir dann auch die nächsten zwei Stunden genau so machen. Als sich dann schließlich wieder etwas zu tun scheint, stehen dutzende Menschen an dem kleinen Schalterhäuschen und versuchen ihre Papiere möglichst als Erster hineinzugeben. Wir stehen auch an, obwohl die LKW Fahrer ständig behaupten wir seien falsch. Der Beamte dort scheint sich auch nicht für uns zu interessieren. Irgendwann kommt ein Grenzsoldat (andere Uniform) vorbei und meint wir bräuchten andere Papiere. Zwei Touristen aus Malaysia nimmt er auch gleich mit und wir stehen wieder in dem Gebäude wo wir zuvor schon die anderen Zettel ausgefüllt hatten. Diesmal gibt es keine Muster und so versucht uns der junge Soldat mit kaum Englisch Kenntnissen zu erklären wie der Zettel auszufüllen ist – natürlich in zweifacher Ausführung mit insgesamt nur einem Stift. Danach geht es wieder zu Mr. Smartphone, wo auch die Computer wieder zu gehen scheinen. Wir müssen uns wieder gegen dutzende LKW Fahrer behaupten, welche alle versuchen sich vorbei zu schieben. Selbst die zwei Männer aus Malaysia schütteln mittlerweile nur noch den Kopf. Nach nur vier Stunden dürfen wir endlich nach Russland einreisen.
Die Landschaft wird immer flacher und unspektakulärer je weiter wir aus dem Kaukassus fahren. Wir passieren Wladikawkas und fahren dann weiter Richtung Osten. Das einzig Spannende sind jetzt nur noch die ständigen Polizeikontrollen und die Tatsache dass wir momentan mitten durch Tscheschenien fahren. Wir werden immer wieder von schwer bewaffneten Beamten angehalten, müssen mit unseren Papieren in ein Container Büro, wo alles geprüft und wir auf Waffen untersucht werden, um den Container dann auf der anderen Seite wieder zu verlassen und zu unseren Motorrädern zurückzukehren. Englisch kann sowieso keiner und das Einzige was wir ab und an hören ist „Hitler kaputt, Stalin kaputt – höhö“. Wirklich tiefgründige Gespräche kann man hier führen. Mittlerweile sind wir müde, daher beschließen wir nach Grosny (die tschetschenische Hauptstadt) hineinzufahren und dort ein Hostel zu suchen. Vermutlich kommen hier nicht so viele Touristen vorbei, wir werden nämlich ständig angehupt, was auf Dauer ziemlich anstrengend ist. Die Stadt ist recht modern aber man sieht nur wenige Menschen auf der Straße. Wir wissen nicht, ob der momentane Ramadan der Grund ist oder das immer so aussieht. Wir finden schließlich ein einigermaßen günstiges Hotel mit getrenntem Schlafraum für Männer und Frauen. Der Besitzer sieht aus wie ein perverser Nerd, kann aber wenigstens etwas Englisch und schimpft über die Moslems in der Gegend, während er erklärt wie schwer er es hier hat. Das Hotel ist im oberen Stock eines hohen Gebäudes und der obere Teil des Treppenhauses ist durch eine massive Stahltüre geschützt. Uns wird erklärt, dass diese nach 11 Uhr geschlossen wird und wir dann draußen übernachten dürften, sollten wir zu spät kommen.
Wir haben Hunger und machen uns auf die Suche nach einem Restaurant. Die Sonne ist noch nicht untergegangen und so gestaltet sich die Suche in einer muslimischen Stadt mit kaum Touristen an Ramadan nicht gerade einfach. Wir finden eine Art Burger King welcher trotz Ramadan 24 Stunden geöffnet hat. Die einzigen Gäste sind natürlich wir und so kommen wir uns gegenüber den Angestellten auch etwas blöd vor. Der Bestellvorgang gestaltet sich schwierig, da wir einfach nichts lesen können und auf eins der vielen kleinen Bildchen von der Ferne zu deuten ist auch erfolglos. Da die Verkäuferinnen nicht verstehen was wir haben wollen, bestellt Miriam halt einen Porn Shock (роли люкс, was sich später herausstellt "Royal Deluxe" heißt) - das Gesicht der Mädels kann sich vermutlich jeder in etwa vorstellen - doch wir bekommen nach einem langen Tag noch tatsächlich etwas zu Essen. Müde kehren wir ins Hotel zurück wo wir zu unserer Überraschung tatsächlich noch eine Touristin treffen. Leider ist die gute Dame hektisch ohne Ende und quatscht uns mit allerlei wirren Zeug in anstrengendem Hongkong Englisch ohne Punkt und Komma die Ohren voll. Ich bin froh, dass ich nicht im Frauenschlafsaal schlafen muss und Miriam stellt sich schließlich um Ruhe zu haben einfach tot.
Am nächsten Tag brechen wir auf Richtung Astrachan. Die Landschaft wird erst zur Steppe, dann schließlich zur Wüste und die Polizeikontrollen werden weniger. Der Wind kommt leider stark von der Seite und so ist das Fahren sehr anstrengend, da wir ständig dagegen halten müssen. Es geht hunderte Kilometer geradeaus und zu sehen gibt es nichts. Wenigstens sind die Straßen bis auf teilweise 30 cm tiefe Fahrrinnen, die wegen der LKWs und der großen Hitze entstanden, in ganz gutem Zustand. Mitten im Nirgendwo kommen wir wieder in eine Polizeikontrolle. Nach der üblichen Prozedur fahren wir ein paar Meter weiter und passieren die Polizeikontrolle auf der gegenüberliegenden Seite. Auch auf unserer Seite befindet sich ein Stoppschild und obwohl der Polizeibeamte wild fuchtelt, beginnen wir anzuhalten, da wir nicht wie schon zuvor in Georgien nochmals Strafe bezahlen wollen. Einige Sekunden später kommt eine wütende Polizeitöle wie der Teufel angeschossen und sieht wenig freundlich aus. Ich bin etwas im Zwiespalt, ob ich aufgrund des Stoppschildes anhalten oder wegen dem Hund besser Gas geben soll. Ich entscheide mich für Anhalten, da ich davon ausgehe, dass der Polizist seinen Köter abrufen kann. Kann er jedoch nicht und so stürmt das blöde Vieh direkt auf mich zu und verbeißt sich in meinem linken Schuh, während ich schleunigst wieder Gas gebe. Ich falle fast vom Motorrad doch werde zum Glück schnell genug, dass meine linke Seitentasche die Dreckstöle abdrängt und sie letztendlich loslassen muss. Passiert ist zum Glück nichts, mein kleiner Zeh ist gequetscht und der Schuh von den Eckzähnen durchlöchert. Um ihn wieder wasserdicht zu machen flicken wir ihn später mit Seam Grip.
Wir sind letztendlich froh weiter nach Kasachstan zu fahren und so verbringen wir nur drei Tage in Russland. Der russische Teil des Kaukassus wäre bestimmt schön gewesen, aber die restliche Landschaft bis Astrachan ist nicht der Rede wert. Die Menschen waren weder besonders freundlich noch unfreundlich. Im Großen und Ganzen haben sich all unsere Vorurteile zum ersten Mal tatsächlich erfüllt. Wenn man nicht auf unzählige Polizeikontrollen steht, kann man sich diesen Teil der Erde getrost sparen. Wir haben daher auch praktisch keine interessanten Fotos.
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