Sonntag, 10. November 2019

Ab durch die Mitte

Aufgrund unserer Routenänderung durch die Mitte Australiens zu fahren, müssen wir unsere Weiterfahrt etwas vorbereiten bzw. ich muss einige Vorbereitungen treffen. Ich ziehen neue Reifen auf, da die alten Schlappen kaum mehr Profil haben. Außerdem muss ich, für mich und All-Inclusive Prinzessin, zwei Permits beantragen, weil wir durch Aboriginal Gebiet fahren werden. Zum Glück dauert das nicht sehr lange und wir sind kurze Zeit später schon abreisebereit.

Fliegensicherer Kaffee am MorgenKunst am Lake BallardAm ersten Tag fahren wir nur nach Menzies und übernachten beim Lake Ballard. Dieser Ort ist ein großer Salzsee, auf dem ein britischer Künstler 51 Skulpturen erstellt hat. Diese sind auf vielen Kilometern über die ganze Fläche verteilt. Er hat dann sein Kunstwerk recht passend "Inside Australia" genannt. Nicht dass wir jetzt plötzlich besonders Kunst interessiert geworden sind, aber die skurrilen Statuen sehen in dieser kargen Landschaft schon ziemlich schräg aus. Zudem ist der Campingplatz ziemlich schön.
Leider gibt es im australischen Outback oft ein paar extrem lästige Gäste. Trevor hatte uns bereits vor der Busch-Fliegen Plage in dieser Gegend gewarnt und wir haben uns in Kalgoorlie zum Glück noch ein paar Kopfnetze gekauft. Am Lake Ballard ist es dann wirklich schlimmer als je zuvor. Die kleinen Drecksviecher stechen zwar nicht, sind aber extrem penetrant auf Suche nach Flüssigkeiten. Nicht nur, dass sie in alle Körperöffnungen krabbeln wollen, sie versuchen auch regelrecht unter die Augenlider zu kriechen. Ohne Kopfnetz hat man dann keine andere Möglichkeit mehr, als sich bei schönstem Wetter ins Zelt zu verziehen.
Am nächsten Morgen rollen wir ein paar Kilometer nach Leonora und schauen uns dort ein Minen Museum und die Gwalia Ghost Town an. Das Museum ist ganz nett, aber die Geisterstadt ist todlangweilig. 125 Kilometer östlich von Leonora befindet sich schließlich der Beginn der Great Central Road in Laverton. Hier gibt es dann auch für längere Zeit erst einmal kein Benzin mehr. Für die nächsten tausend Kilometer kann man Wasser und Benzin eigentlich nur noch an den wenigen Road Houses bekommen, zwischen denen immer ca. 300km liegen. Diese schließen aber um 17 Uhr und danach muss man pro Fahrzeug 20 AU$ bezahlen, falls man trotzdem tanken will. Es empfiehlt sich also seine Fahrt so zu planen, dass man nicht zu spät kommt. Telefonempfang gibt es nur ganz selten und zwischen den Tankstellen schon gar nicht. Diese Straße endet letztendlich kurz vor dem weltweit bekannten Ayers Rock.

Auto Wrack an der Great Central RoadBeginn der Great Central Road bei LavertonAls wir den Asphalt bei Laverton verlassen und vor dem großen Straßenschild am Beginn der Great Central Road stehen, sind wir dann doch etwas aufgeregt. Wir haben so viele Schaudergeschichten erzählt bekommen, dass wir ziemlich gespannt sind, was uns erwarten wird. Wir fahren an diesem Nachmittag nur noch ca. 50 Kilometer und suchen uns dann einen Zeltplatz abseits der Straße. Wenn wir diesen Rhythmus einhalten, sollten wir auf der ganzen Strecke immer problemlos vor 17 Uhr an den Road Houses tanken können.
Am nächsten Morgen fahren wir bis zum Tjukayirla Road House und suchen uns wieder einen Zeltplatz ein paar Kilometer danach. In diesem ersten Teil der Great Central Road gibt es noch Minen in der Nähe. Die Straße wird hier regelmäßig von großen Lastwagen benutzt und der Zustand ist deutlich besser, als wir es erwartet haben. Besonders auffallend sind allerdings die vielen Auto Wracks überall am Straßenrand. Die Great Central Road ist vermutlich der längste Auto-Friedhof der Welt. Besonders in der Nähe von Aboriginal Kommunen, stehen in regelmäßigen Abständen ausgebrannte Fahrzeuge auf der Straße oder seitlich in der Wüste. Das sieht zwar schräg aus, aber besonders motivierend ist das nicht.

Keine Menschenseele weit und breit
Typisches Bild auf der Great Central RoadAuf dem Weg nach Warburton am nächsten Tag, wird die Straße etwas schlechter und hat öfters tiefere Bodenwellen. Zu unserem Erstaunen gibt es aber sogar ein paar kürzere Abschnitte mit Asphalt. Warburton ist eine Aboriginal Kommune mitten im Nirgendwo. Hier herrscht absolutes Alkoholverbot und man darf kein normales Benzin in diese Gegenden bringen. Das gilt im übrigen für viele Aboriginal Gebiete. Die Probleme in Australien mit Aboriginals und Alkohol, hatte ich ja bereits vorher einmal erwähnt. Dass die Eingeborenen aber Benzin schnüffeln, weil das deutlich günstiger ist als Alkohol, haben wir bis zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht gewusst. Benzin muss in solchen Orten deshalb vergällt sein. An den Tankstellen wird dieses "ungenießbare" Benzin dann OPAL genannt.
Wir erreichen die Tankstelle in Warburton erst 20 Minuten vor Schließung. Aber was geht denn hier ab? Neben dem Roadhouse ist der Campingplatz mit einem riesigen Stacheldraht Zaun gesichert. Die Zapfsäulen sind in Metallkästen eingeschlossen und lauter heruntergekommene Autos und Motorräder parken vor dem Eingang. Überall tummeln sich aufgeregt Aboriginals, die offenbar kurz vor Ladenschluß noch etwas einkaufen wollen. Teilweise haben sie nur etwas Stoff um den Leib gebunden und sind am ganzen Körper bemalt. Sind wir hier bei Mad Max gelandet? Miriam kämpft sich durch die Ladentüre, während ich draußen auf die Mopeds aufpasse. Innen herrscht ein heilloses Durcheinander und Bodyguards versuchen das Ganze einigermaßen zu kontrollieren. Sie hat ganze Mühe auf sich aufmerksam zu machen und den Kassierern mitzuteilen, dass wir tanken wollen. Wir haben gerade unsere Tanks gefüllt, dann wird die Tankstelle geschlossen. Fünf Minuten später ist dann die tobende Meute auch schon komplett verschwunden und der ganze Vorplatz ist wie leergefegt - als wäre hier nie etwas los gewesen. Wir wissen nicht, ob an diesem Tag ein besonderes Ereignis war. Vielleicht ist das hier auch der Normalzustand? Wir kamen uns allerdings vor, wie in einem Hollywood Film.
Uns wurde geraten in den sicheren Campingplätzen bei den Road Houses zu übernachten. Allerdings sehen wir keinen Grund, wieso wir uns nicht einfach problemlos irgendwo in die Pampa stellen können. Wir entscheiden uns daher ein schönes Plätzchen ein paar Kilometer außerhalb der Kommune zu suchen. Kurz nach dem Ortsausgangsschild von Warburton laufen plötzlich hunderte Kamele neben und auf der Straße. Vor unserer Ankunft in Australien hatten wir noch nie gehört, dass es hier so viele Kamele gibt. Sie wurden vor langer Zeit für den Transport von Gütern ins Land eingeführt. Nachdem sie schließlich aufgrund von Lastwagen und Autos nicht mehr gebraucht wurden, hat man sie unüberlegt einfach in die Wüste geschickt. Dort scheinen sie prächtig zu gedeihen, sind aber Leider eine echte Plage für die australischen Farmer.
Nachts können wir sie auch überall hören und hoffen, dass sie sich nicht in unserem Zelt verheddern oder womöglich noch über uns drübertrampeln.

Die Landschaft wird immer schöner
Die Straße wird ziemlich sandigDie Straße wird zunehmend schlechter und einsamer, je näher wir zur Grenze vom Bundesstaat Northern Territory kommen. Zum Warakurna Road House sind es von unserem Zeltplatz nur noch ca. 200km. Das ist auch gut so, denn aus irgendeinem Grund lebt diese Kommune nach der Northern Territory Zeit, was bedeutet, dass sie 1,5 Stunden voraus sind. Die Tankstelle schließt daher schon um 15:30 Uhr. Wenn man das nicht weiß, darf man eben 20 AU$ pro Fahrzeug bezahlen, oder bis zum nächsten Morgen warten.
Auf den letzten Kilometern vor Warakurna wird die Straße richtig schlecht. Tiefer Sand und unangenehme Bodenwellen wechseln alle hundert Meter. Wir müssen deutlich langsamer fahren als bisher.
An der Tankstelle setzen wir uns eine halbe Stunde in den Schatten und essen eine Kleinigkeit. Ein Polizeiwagen hält an und die Beamten unterhalten sich etwas mit uns. Sie warnen uns vor dem kommenden Streckenabschnitt. Wir sollen extrem aufpassen, weil vor kurzem erst zwei Motorradfahrer gestorben sind. Sie waren zu schnell unterwegs und sind gestürzt. Bis man sie schließlich gefunden hat, war jede Hilfe zu spät. Auf diesem Teil der Great Central Road ist fast niemand mehr unterwegs.

Schlange unterm ZeltTolles Lichtspiel durch das GewitterDie folgenden Kilometer sind dann zwar nicht wirklich schlechter als bisher, trotzdem muss man aufpassen, weil es regelmäßig durch weichen Sand geht. Die Landschaft wird jetzt allerdings richtig schön und die Straße führt uns an Felsen und Bergen vorbei. An der Staatsgrenze gibt es nur ein Schild, welches anzeigt, dass wir nun West Australien verlassen. Ein Grenzgebäude mit Lebensmittelkontrolle, wie bei unserem Grenzübergang nach Westaustralien vor ein paar Wochen, gibt es hier nicht.
Es ziehen Wolken auf und ein Gewitter bahnt sich an. Wir finden einen schönen Zeltplatz bei Docker River und haben Glück, weil der Regen vorbeizieht.
Am nächsten Morgen stehe ich mit den Füßen vor dem Zelteingang und will im Eingangsbereich meinen Schlafsack einpacken. Als sich der Zeltboden etwas anhebt, sehe ich einen ungebetenen Gast und springe hektisch ein paar Meter zurück. Eine Schlange sitzt unter dem Zeltboden und hat sich da wohl nachts aufgewärmt.
Wir wissen nicht, was es für eine Schlange ist und haben auch kein Internet um das herauszufinden. Bei der großen Anzahl tödlich giftiger Schlangen in Australien, müssen wir aber extrem aufpassen. Wir versuchen sie von der Plane zu scheuchen, doch leider kriecht das blöde Tier dann zu meinem Motorrad und macht es sich zwischen Kette und Hinterradschwinge bequem. Selbst als ich den Motor starte, stört sie das nicht besonders. Vielleicht gefallen ihr die gleichmäßigen Vibrationen? Wir brauchen über eine halbe Stunde, um sie mit Hilfe der Zeltstangen schließlich heraus zu bekommen. Was für eine Aufregung am frühen Morgen. Später haben wir dann herausgefunden, dass es nur eine Stimson Python war. Trotzdem sind wir seitdem etwas vorsichtiger geworden und werfen morgens zuerst einen Blick unter das Zelt, bevor wir zusammen packen.

Das Kind beim Mount OlgaDas Ende der Great Central RoadBis zum Ende der Great Central Road sind es von hier nur noch ca. 150km. Allerdings ist dieser Teil dann sehr sandig und die Fahrt ist anstrengend. Kurz vor dem Mount Olga erreichen wir wieder Asphalt. Unsere Tour über die Great Central Road ist vorbei und sie war fantastisch. Fast hätten wir sie ausgelassen, weil uns so viele Einheimische davon abgeraten hatten. Ich hatte eigentlich auch eine öde und langweilige Strecke durch das Outback erwartet. Besonders der letzte Teil war aber sehr abwechslungsreich und landschaftlich außerordentlich schön.
Ein paar Kilometer später sehen wir den Mount Olga, ein riesiger Sandstein Felsen, welcher kaum weniger spektakulär ist, als der berühmte Ayers Rock. Es ist noch früher Nachmittag und wir beschließen daher bis zum Ayers Rock zu fahren. Der Himmel sieht etwas gewittrig aus, aber das Licht ist dafür besonders schön. Wenn man von dieser Seite in den Nationalpark kommt, gibt es keine Zahlstation für den Parkeintritt. Wir können daher direkt zum Ayers Rock fahren und der Anblick, der uns dort erwartet, ist absolut gigantisch.

Ayers Rock von der Nähe
So spektakulär sieht der Ayers Rock selten ausIn dieser Gegend kommt es nicht besonders häufig vor, dass der Himmel bewölkt ist. Den Ayers Rock kennt man daher i.d.R. hauptsächlich mit blauem Himmel. Gleich daneben brennt gerade ein Buschfeuer und der schwarze Rauch zieht in den Himmel und Richtung Ayers Rock. Es gibt nur ein kleines Loch in der Wolkendecke, durch welches die Sonnenstrahlen auf den großen Sandsteinfelsen treffen können. Was für ein Anblick!
Am Sunset Point trifft uns dann schier der Schlag. Nach ein paar Tagen fast ohne Menschen, tummeln sich hier hunderte Leute mit ihren Kameras und warten auf den Sonnenuntergang. Alles ist plötzlich eingezäunt und man darf nirgends mehr einfach hinlaufen. Die Besteigung des Ayers Rock wurde auch ca. zwei Wochen vorher verboten.
Wir beschließen den Felsen einmal zu umfahren und dann unsere Reise fortzusetzen. Es ist hier einfach viel zu voll. Der vordere Teil ist von der Nähe auch nicht besonders hübsch, weil sie, an der Stelle wo man vorher den Felsen bestiegen hat, eine Baustelle errichtet haben.
Einige Zeit später verlassen wir den Nationalpark und versuchen einen Zeltplatz bei Uluru zu finden. Dieses Städtchen ist ziemlich Schickimicki und Wildcampen ist natürlich mal wieder verboten. Mit etwas Mühe finden wir aber doch einen ganz guten Platz etwas außerhalb.

Das Kind im Kings CanyonTags darauf wollen wir nicht den direkten Weg nach Alice Springs nehmen, sondern einen kleinen Umweg über den Kings Canyon machen. Obwohl es gar nicht so weit vom Ayers Rock entfernt ist, gibt es dort plötzlich wieder fast keine Menschen. Wahrscheinlich ist der Grund, dass es sich quasi um eine Sackgasse handelt, falls man nicht 150 Kilometer, auf einer ziemlich schlechten Dreckstraße auf der anderen Seite, wieder aus dem Watarka Nationalpark herausfahren will. Im Kings Canyon machen wir eine schöne Wanderung an der Schlucht entlang. Es ist ziemlich heiß, aber wir haben dafür tolles Wetter.
Einige Kilometer nach dem einzigen Resort in dieser Gegend, gibt es einen kostenlosen Campingplatz mit tollem Ausblick. Nach einer geruhsamen Nacht rumpeln wir nach dem Frühstück die 150 km über furchtbare Bodenwellen weiter Richtung Osten. Als wir wieder Asphalt erreichen sind wir recht froh, dass die Mopeds nicht auseinander gefallen sind. Das letzte Stück nach Alice Springs geht dann ziemlich zügig.
Alice Springs ist sozusagen die Mitte von Australien. Die Umgebung ist zwar ganz nett, die Stadt selbst gefällt uns allerdings nicht besonders. Wir zahlen bei einem Campingplatz für eine Dusche, die wir mittlerweile auch ziemlich nötig haben. Anschließend gehen wir zu einem Motorradhändler und machen dort einen Ölwechsel. Dabei fällt uns auf, dass beide Heckträger gebrochen sind. Das ist vorerst nicht weiter schlimm, da sie immer noch stabil genug sind. Langfristig müssen wir aber nach jemandem suchen, der unsere Heckträger reparieren und verstärken kann.

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