Freitag, 4. Mai 2018

Wenn alle Stricke reißen Köfte

Bosporus Kanal - die geographische Grenze zwischen Europa und AsienEs ist soweit - wir verlassen Europa. Obwohl die geographische Grenze ja erst am Bosporus Kanal ist, merkt man schon vorher am Grenzübergang dass hier etwas anders ist. Überall stehen stark bewaffnete Grenzschutzbeamte und die Auto Schlange Richtung Griechenland ist erst mal so lang, dass man kein Ende sehen kann. Glücklicherweise will vergleichsweise kaum jemand in die andere Richtung. Miriam meint noch "vielleicht ist Krieg ausgebrochen und alle wollen das Land verlassen" - wir sind trotzdem eingereist. Ganze fünf mal müssen wir unsere Papiere irgendwelchen muffig schauenden Beamten zeigen. Bis wir endlich weiterfahren dürfen dauert es daher eine Weile - das kann ja heiter werden.

Wir wollen noch vor Einbruch der Dunkelheit Istanbul erreichen. Zeitlich liegen wir gut und die Straße verläuft auch erst einmal durch recht unspektakuläres Gebiet. Wir wussten bereits, dass Istanbul groß ist. Wir hatten schon einige andere Großstädte mit deutlich mehr als 10 Millionen Menschen gesehen, aber Istanbul ist eine andere Dimension. Es heißt Istanbul hat ca. 15 Millionen Einwohner, folgt man allerdings der südlichen Bosporus Straße D100, so hat man grob gesagt durchgehend Stadt von Silivri (ca. 75 km vor Istanbul) bis Gebze (ca. 90 km nach Istanbul). Klar, das zählt nicht alles zu Istanbul, aber Fakt ist, man fährt durch 165 km Stadt - irre oder? Oder um es in meine Worte zu fassen "ich habe selten so etwas Schreckliches gesehen"! Leider wussten wir auch nicht, dass der 23. April ein türkischer Feiertag ist und noch viel mehr Leute über diesen Feiertag extra nach Istanbul gereist kamen. Den Verkehr kann sich vermutlich keiner ausmalen, der es nicht selbst erlebt hat und zwischendrin wüten noch gefühlt 1 Million vollständig bescheuerte Taxifahrer, die dich ohne mit der Wimper zu zucken über den Haufen fahren wollen, während sie mit dem Handy telefonieren.
Richtig geraten liebe Leser, wir haben es nicht vor Einbruch der Dunkelheit bis Istanbul geschafft. Zum Glück haben wir sehr schnell ein Hotel gefunden wo wir erst mal 2 Nächte ausruhen konnten. Das war auch wirklich nötig.

Der Stadtkern von Istanbul ist natürlich schön, aufgrund des Feiertages aber einfach abartig voll und alle Moscheen, zumindest für Touristen, geschlossen. Wir sollen einen Teppich kaufen, müssen dem netten Mann, während wir seinen Apfeltee trinken, aber leider erklären, dass wir auf den Motorrädern überhaupt keinen Platz haben. Wir schauen uns die unterirdische Zisterne, die blaue Moschee und den Großen Basar an. Wir passieren den großen Palast, laufen durch den Stadtgarten bis zum Pier und essen Baby-Lamm Därme im Brot. Ja richtig Baby-Lamm-Därme! Das wickeln die gewieften Türken gekonnt auf einen Spieß und lassen es wie Döner aussehen um die armen Touristen zu linken. Eigentlich heißt das Gericht aber Kokorec, ist eine Spezialität und schmeckt gar nicht mal so schlecht, wenn man nicht darüber nachdenkt.
Allgemein ist Essen bestellen gar nicht so einfach. Sobald man in ein einheimisches Lokal geht, kann man mit der Menükarte nichts anfangen und englisch versteht normalerweise auch niemand. Daher - wenn alle Stricke reißen, bestellt man am besten einfach Köfte. Das ist Hackfleisch, gibt es in verschieden Variationen und man kann damit nichts falsch machen. Es sei denn man mag keine Zwiebeln, dann hat man in der Türkei leider verloren. Oder Option zwei - man geht in eines der türkischen Arbeiter Lokale. Dort kann man die Gerichte normalerweise direkt sehen und bestellt einfach was einem gefällt. Das Essen dort ist immer köstlich und kostet fast nichts. Zum Abschluss des Essens gibt es immer einen Cay (Schwarztee).
Ein ganzer Tag in Istanbul ist für uns völlig ausreichend und so sind wir froh am nächsten Tag Richtung Denizli aufzubrechen. Die 90 km bis Gebze sind wieder ausgesprochen anstrengend auf dem Motorrad und zudem natürlich furchtbar hässlich. Danach drehen wir Richtung Süden ab und die Stadt hört endlich auf. Warum so viele von Istanbul schwärmen ist uns nicht ganz klar. Vermutlich fliegen die meisten Besucher nur zum Flughafen und werden von da die kurze Distanz in die Innenstadt gefahren. Hat man das ganze Drumherum auch einmal gesehen, bleibt vom Glanz der Innenstadt nicht mehr so viel übrig.



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